Ökosteuer war Gestern. Sie brachte dem Umweltschutz auf den Balearen jährlich immerhin 30 Millionen EURO ein. "Mallorca vollzieht die Kehrtwende mit Vollgas - die neue Regierung will von Ökologie nichts mehr wissen - jetzt wird gebaut, gebaut, gebaut." titelte die Stuttgarter Zeitung bereits ein halbes Jahr (16.02.2004) nach Amtseinführung der konservativen Regierung unter Leitung des Abbruchunternehmers Matas - während die auf Mallorca geborenen Insulaner schon lange kaum mehr bezahlbaren Wohnraum finden konnten. Auf den Ballearen stehen die Betonmischer nicht mehr still, obwohl die neue von der PSOE angeführte Balearenregierung versucht, die Bautätigkeit einzudämmen .Gegen die ausufernde Bebauung wehrt sich vor allem sie "Gruppe für Vogelkunde und Naturschutz auf den Ballearen (GOB)" - das grüne Gewissen der Insel. Sie suchen daher Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der multinationalen Inselbevölkerung und den Herkunftsländern der vielen Besucher und Liebhaber der Insel. Mallorcas Norden. Mallorcas Süden. © NASA Ein Drittel des weltweiten Tourismus konzentriert sich auf das Mittelmeer. An seinen sechsundvierzigtausend Küstenkilometern leben hundertdreißig Millionen ständige Bewohner (Stand 2004). Zu ihnen gesellen sich hundertmillionen Touristen aus dem wolkenreichen kühlen Norden Europas, die es sich nicht nehmen lassen, möglichst nah am Meer zu wohnen oder dort Urlaub zu machen. Jährlich etwa acht Millionen, darunter drei Millionen Deutsche, konzentrieren sich auf die größte Baleareninsel und machen sie zu einem der meistbesuchten Zielorte des Mittelmeertourismus. 1957 zählte man am Flughafen 256.711 Gäste.1966 wurde die magische Grenze von einer Million Touristen überschritten. Aber bereits seit 1960 bestimmen die drei B’s des Massentourismus „Bucht, Bagger, Beton“ jedes Jahr ein bisschen mehr das Bild der Küstenlinie. Vor Beginn des Massentourismus war Mallorcas Küste weitgehend unberührt. Felsige Vorgebirge, öde, mit Macchie bewachsene Landstriche und verschilfte Sümpfe an Flussmündungen, die früher in keiner Weise genutzt wurden und stille Zufluchtsorte für wildlebende Tierarten boten, waren plötzlich sehr gefragt. Wie gigantische Palisaden wurden Hotelkästen an den Stränden errichtet. Sümpfe wurden trockengelegt, einsame Dünenstrände zu Touristengrillanlagen umgewidmet, breite Straßen und Autobahnen gebaut, um die Touristenzentren mit einem der größten spanischen Flughafen zu verbinden. Inzwischen droht die Insel aus allen Nähten zu platzen. Dabei täuschen die – ohnehin schon erschütternden - offiziellen Zahlen zur Bevölkerungsdichte: Auf Mallorca haben 658.043 Menschen die 1999 gezählt wurden 360.371 Hektar Platz - pro Quadratkilometer also 181,76 Einwohner. In diese Zahl finden jedoch weder die Touristen noch viele der Residenten Eingang – weil sie schlicht nicht auf der Insel gemeldet sind. Den offiziell gemeldeten Deutschen steht tatsächlich die mindestens dreifache Zahl gegenüber. Hinzu kommt, daß viele Gebiete dünn besiedelt sind, darunter Es Pla (die Ebene, „nostro Mallorca de sepre“: das oft noch ursprüngliche Mallorca ist der Gemüsegarten der Insel) und die Serra de Tramuntana. 30.000 „Alemanes” leben dauerhaft auf den Balearen, schätzungsweise etwa weitere 30.000 verbringen hier mindestens vier Monate im Jahr. Insgesamt geht man von 100.000 Deutschen residenten aus - von denen sich aber nur 26.000 bei ihrer zuständigen Gemeindeverwaltung gemeldet haben. „… angetrieben von den vermeintlich lockenden hohen Gewinnen aus dem Qualitätstourismus sehen die im März 1999 erlassenen Richtlinien zur Raumordnung eine Bebauungsdichte vor, die eine potentielle Einwohnerzahl von 4,2 Mio. ermöglicht. Derzeit beträgt die Einwohnerkapazität Mallorcas, d.h. die Zahl der permanenten und temporären Bewohner 1,45 Mio. Die angestrebte Bebauungsdichte kalkuliert also mit einer maximal möglichen Bevölkerungskapazität, die das Sechsfache der aktuellen permanenten Bevölkerung und das Dreifache der gegenwärtigen Einwohnerkapazität beträgt. Bei vollständiger Umsetzung der Bebauungsrichtlinie hätte Mallorca somit eine potentielle Bevölkerungsdichte von 800 EW/ qkm. Die Insel würde damit mitteleuropäische Länder wie Deutschland (230 EW/qkm) oder die Niederlande (380 EW/qkm) bei weitem übertreffen. Diese ‚Planung’, die sich weder an der sozialen Tragfähigkeit der Insel noch an der ökologischen orientiert, birgt für Mallorca die realistische Gefahr des tiefen ökonomischen Einbruchs, wenn nicht sogar des Zusammenbruchs.“ (Prof. Dr. Thomas Schmitt, Geographisches Institut, Landschaftsökologie und Biogeographie, Uni Dortmund : „Ballermann war besser“, Geowissenschaften Rubin 2007). Mallorca gehörte zum Armenhaus Europas. Das war vor dem Tourismusboom. Heute ist es eine der reichsten Regionen Europas. Das hat man inzwischen selbst in Brüssel mitbekommen, weshalb die EU-Gelder nicht mehr so reichlich wie in der Vergangenheit fließen (etwa für den Flughafenausbau und die Meerwasserentsalzungsanlage in Palma). Aber auch heute noch unterstützt Brüssel Infrastrukturmaßnahmen, die von der Ursprünglichkeit der Insel wenig übrig lassen und einer nachhaltigen Entwicklung den dicken Finger zeigen. Ein Skandal, von dem kaum jemand Kenntnis nimmt. Der GOB kämpft dagegen an, ist aber als regionale Umweltorganisation – trotz internationaler Vernetzung - kaum bekannt in den Medien der Heimatländer der Touristen Calvià im Ponent (an der Südwestküste) entwickelte sich binnen weniger Jahre von der ärmsten zur reichsten Gemeinde Europas. Der Preis ist hoch: auf dem Gemeindegebiet gibt es kaum noch einen unbebauten Strand. Nur die Südspitze entging der Bebauung, da sie wegen ihrer strategischen Bedeutung (wer auf dem Seeweg nach Palma will, muß hier vorbei) lange Zeit militärisches Sperrgebiet war. 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden mehr oder weniger direkt durch den Fremdenverkehr erzeugt, die restlichen 20 hätten ohne Tourismus auch keine Basis. Das statistische Jahrbuch des Balearen-Tourismus 2006 dokumentiert, dass exakt 12,57 Millionen Touristen die Balearen – die Meisten davon Mallorca – besuchten. Das waren 7,9 Prozent mehr als 2005. Die meisten der Besucher waren Deutsche. Das absolute Boomjahr des Deutschen-Tourismus auf dem Archipel war 1999. Damals urlaubten 4'15 Millionen Bundesbürger auf den Inseln (1992: 2,06 Millionen), gefolgt von den Briten und Peninsulaspaniern – allerdings mit weitem Abstand. Für die Urlauber stehen auf Mallorca 216.835 Betten in 947 Hotels, Aparthotels und Appartementkomplexen zur Verfügung. Dazu kommen noch einmal 59.826 Betten Schlafstätten in 544 Ferienwohnanlagen, Landhotels, Finca-Hotels und Feriendörfern. Nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center und der zeitgleichen Diskussion über die Touristen-Steuer „Ecotasa” sank das Aufkommen von 8'1 Millionen (2001) auf den Tiefstand von 7'6 Millionen (2002), um dann wieder kontinuierlich auf den Stand von 9'39 Millionen Flugtouristen (2006) zu klettern. Allerdings haben Massen- und in jüngerer Zeit gerade der sogenannte Qualitätstourismus Spuren hinterlassen. Die exzessive Bebauung bis direkt an den Meeressaum, der bedenkenlose Bau von Häfen und anderen Einrichtungen an der Küste, die ungebremste Nutzung der Playas durch jährlich Millionen von Menschen, Wasserknappheit, Verkehrschaos, Überbevölkerung und Landschaftszersiedelung wurden auf Mallorca lange als Begleiterscheinungen des Wirtschaftswunders weitgehend klaglos in Kauf genommen. Die Dünenstrände sind fast ausradiert und durch künstliche Strände ersetzt worden. Die Posidoniawiesen in Strandnähe sind zurückgegangen. Der Wasserverbrauch in der Hauptsaison übersteigt bei weitem die natürlichen Kapazitäten der Insel und ist doppelt so hoch wie im Winter. Auch das Müllproblem ist auf Mallorca immer noch nicht gelöst. Größtes soziales Problem ist die Angst vieler Mallorquiner vor einem Verlust ihrer Identität: „nostra terra” (unser Land). Kommunale Gliederung (die Bürgermeister bestimmen die Baupolitik vor Ort - nicht immer nach den gesetzlichen Vorgaben): Touristisch geprägt sind die Küsten von Andratx, Calvià, Palma, Llucmajor (Arenal), Santanyi, Felanitx, Son Servera (Cala Millor), Capdepera, Muro, Alcudia und Pollença. Die Insel ist landschaftsgeographisch in fünf comarques (Landschaftsregionen) eingeteilt: Serra de Tramuntana (Gebirge an der Nordwestküste und Sperriegel gegen die kalten Winde), Raiguer (Übergangszone an dessen Südosthang), Plà (darauf folgende Zentralebene mit weitgehend landwirtschaftlicher Bodennutzung), Llevant (der - wie der Name sagt - Osten mit zum Teil unerschlossenen Gebirgszügen), Migjorn (die südliche Fortsetzung des Plà) und Palma (die Einheimische bis heute schlicht Ciutat = Stadt nennen). Dass der Raubbau an der Natur auf Dauer nicht nur ökologischen, sondern auch wirtschaftlichen Schaden anrichtet, ist inzwischen aber nicht mehr nur Umweltschützern klar. Es sind schon lange nicht mehr nur die engagiertem Mitarbeiter des GOB (Grup Balear d'Ornitologia i Defensa de la Naturaleza), die in den Baumaßnahmen auf der Insel einen Verlust an Landschaft, Natürlichkeit, Maßhaltigkeit und Lebensqualität beklagen. Die Probleme sind gegenwärtig noch nicht so groß, dass sie den Touristen den Urlaub vergällen würden - 2007 war nach 1999 wieder ein Rekordjahr - aber sie sind da. Biodiversität und Erhaltung der Kulturlandschaft müssen in den Mittelpunkt eines Konzepts zur nachhaltigen Entwicklung der Insel gestellt werden, meint nicht nur der GOB. So sprechen sich auch Hoteliers und Reiseveranstalter für ein Eindämmen der Bautätigkeit aus. Der Verkehrskollaps kann nur vermieden werden, wenn es gelingt, endlich ein funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz aufzubauen. Die fortschreitende Zersiedelung ist ein komplexes Problem ohne schnelle Lösung. Baustopps - genauer gesagt ein Moratorium für das Bauen auf ausgewiesenem Bauland (Suelo urbano) in den Touristenzonen und anderen kritischen Gebieten wie dem Tramuntanagebirge - hören sich zwar gut an, bewirken aber zumindest kurz– und mittelfristig genau das Gegenteil dessen, was sie bewirken sollen. Das zeigt seit Jahren die Situation auf Lanzarote in einer Klarheit, die keine Fragen mehr offen lässt (siehe „Brennpunkt Lanzarote“). Auch das Gesetz zur Ordnung des touristischen Angebots (Plan de Ordenación de la oferta turística, POOT) ersetzt keine Gesamtplanung für eine nachhaltige Entwicklung. Weil danach touristisch zu nutzenden Neubauten nur auf einer Fläche entstehen dürfen, die für die touristische Nutzung ausgeschrieben ist (laut POOT), ist er jedoch zumindest ein Schritt in Richtung Eindämmung. Ebenso würde die kurzfristige und großzügige Ausweisung von Schutzgebieten zur Eindämmung der ausufernden Bebauung führen, denn in Landschaftsschutzgebieten (ARIP, Area rural de interés paisajístico) und Naturschutzgebieten (ANEI, Area natural de especial interés) darf nicht gebaut werden. Mallorcas Territorialplan (PTI) bildet die Grundlage für alle raumordnenden Projekte und Planungen der Insel. In Übereinstimmung mit dem übergeordneten Regionalgesetz für Raumordnung (Directrices de Ordenación Territorial / DOT) beschränkt er die Zunahme der bebaubaren Fläche für die Jahre 2005 bis 2014 auf zehn Prozent der bereits bebauten Fläche, knapp sechs Prozent der Inselfläche. insgesamt könnten also bis 2014 rund 180.000 „viviendas” (Wohneinheiten) entstehen. Dies ist der gesetzliche Rahmen, innerhalb dessen die Gemeinden über die Genehmigung von Bauprojekten zu entscheiden haben. Die Bürgermeister sind damit die entscheidende Instanz, die allerdings der Rechtsaufsicht der nächsthöheren Instanz unterliegt. Dies ist der Inselrat. Im Fall der Gemeinde Andratx hat diese Kontrolle versagt. Inzwischen scheint sich der verdacht zu erhärten, daß dort ein ähnlicher Korruptionsfall wie in Marbella und in Yaiza auf Lanzarote ereignet hat. Mallorca aktuell (10/2008): Finca Son Bosc: Golfplatz oder Naturschutzgebiet ? Blick Richtung Norden auf die Badia d’Alcúdia mit Parc natural de s’Albufera de Blick aus einem Vogelbeobachtungsstand im Feuchtgebiet Parc natural de Umfassende Infos zum zum Thema "Golfplätze weltweit": Artikel von Eifion Rees „ Taking a swing at golf“ in The Ecologist vom 20.07.08, in dem er unter anderem feststellt: „Golf is the thirstiest sport in the world. Some 9.5 billion litres of water are used daily to keep greens green – enough to meet the needs of four-fi fths of the Earth’s population for a day.” Exkursion Frühjahr 2008 Direkt neben der Ausflugschneise des Aeroport Son Sant Juan – dem nach Passagierzahlen drittwichtigsten Spaniens - liegt Can Pastilla. Dahinter beginnen sechs Kilometer Sandstrand, unterteilt in sechzehn Balinariros (Bäder): die Platja de Palma. Von den etwa zweihundert Buchten und Strände – je nachdem, was man als eigenständig zählt gibt es unterschiedliche Zahlen - ist ein Drittel touristisch erschlossen. Im Hochsommer liegen an den Stränden in der Badia de Palma, um Cala Millor sowie zwischen Can Picafort und Port d’Alcúdia an der Ostküste, Peguera, Andratx und Santa Ponça an der Westküste Strandliegen und Badehandtücher auf Tuchfühlung - als gerade noch verträglich gilt ein Strandbesucher pro fünf Quadratmeter Fläche. Insgesamt verfügt die Insel über 550 km Küstenlinie. Die Platja de Palma mit Blick Richtung Palma. Das Foto wurde außerhalb der In den Fünfziger Jahren war hier Dünenlandschaft so weit das Auge reichte. 1953 hat ein Unternehmer aus Girona eines von drei bescheidenen Hotels gekauft – der Quadratmeter Düne kostete damals eine Mark, der Kaufpreis des Hotels ist nicht bekannt. Der inzwischen Verstorbene Hotelierspionier Joan Riu begründete damit eine der vielen inzwischen weltweit agierenden Hotelketten mit Hauptsitz auf der Insel. Zu den mallorquinischen Ketten gehören auch Barceló, Grupotel, Iberostar und Sol Meliá. Heute unterhalten sie mit den Familien Escarrer, Fluxà und vielen anderen Hoteliers zusammen alleine auf Mallorca 1.600 Hotels. Sie stehen in der Hierarchie der Insel an der Spitze, den ihnen verdankt sie ihren Wohlstand. Dies bekam auch das Linksbündnis in seiner ersten Legislaturperiode zu spüren, als es die „Ecotasa“ einführte – die sogenannte Ökosteuer (auf jede Übernachtung bis 2004 erhoben, dann von der Volkspartei (Partit Popular) wieder abgeschafft). Der Name der zu fragwürdigem Ruhm gelangten Strandkneipe „Ballermann” (eigentlich „Balneario seis”) wurde zum Synonym für Stimmung. Bulgarien, genauer der Goldstrand, versuchte sich zum Beispiel als „Ballermann des Ostens” zu etablieren. Die Urbanització Badía Gran ist etwas mehr als zehn Kilometer von Palma am Klippenrand entlanggewachsen. Sie ersetzt den Pinienwald und die Maccia. Laut einer LBS-Studie hatten im Jahr 2002 mehr als 600.000 Bundesbürger ihr eigenes Haus im Ausland. Davon etwa ein Zehntel auf Mallorca. 30.000 Deutsche wohnen fest auf der Insel, weitere 28.000 Deutsche verbringen sechs bis zwölf Monate im Jahr hier. Wie viele Menschen verträgt Mallorca? Schon jetzt, so meint der Geographieprofessor Blázquez vom GOB, sei die ökologisch sinnvolle Ausbeutung der Insel, was den Verbrauch von Fläche und natürlichen Ressourcen sowie die Müllproduktion anbelangt, um ein Sechsfaches überschritten. Es Caragol liegt an der regenarmen Südspitze und ist kleiner als die westlich Bis zum Jahr 2050, so das Ergebnis einer Studie des Spanischen Umweltministeriums, wird der Meeresspiegel an der Balearen-Küste um 20 Zentimeter gestiegen sein. Mallorcas Strände werden bis dahin wahrscheinlich 15 Meter Breite einbüßen. Durch Veränderungen der Wellenrichtung kann es auch sein, dass sich die Strände bewegen, wie das derzeit bereits in der Bucht von Alcúdia zu beobachten ist: An manchen Stellen findet man heute mehr Sand als früher, an anderen Stellen verschwindet der Strand. Die Folgen eines Geheimtipps haben aus dem winzigen Fischerorten Cala Millor Badia de Son Servera mit Cala Millor. (© landusewatch 2008) Im Nordwesten von Cala Millor entstehen neue Apartments. Die Infrastruktur Nur wenige Kilometer von Cala Millor entfernt beginnt das ländliche Mallorca: Blick auf Cala Millor von der Landseite. (© landusewatch 2008) Die Erosion durch Wind und Wellen bedroht zunehmend die dichtbesiedelte Küste. Der Novemberorkan 2001 lies von den Stränden an der Ostküste wenig übrig. Er erinnerte daran, daß das Wetter auf Mallorca nicht erst seit dem Klimawandel extrem ist. Die spanische Küstenbehörde COSTAS, die dem Umweltministerium in Madrid unterstellt ist, ordnete deren Aufschüttung gegen den Willen der damaligen grünen Umweltministerin der Balearenregierung Margalida Rosselló an. Allein in Cala Millor beförderte vor Beginn der Saison 2002 ein Hochdruckrohr 14.000 Kubikmeter Meeressand auf das Land. Neben den sechs Millionen Euro Kosten war auch der Preis für die Umwelt hoch. Bereits der Sturm hatte ein Drittel der Seegraswiesen in wenigen Metern Wassertiefe vor der Küste zerstört, ein unentbehrliches Glied in der Nahrungskette der Meeresbewohner. Mit der Absaugung wurden weitere Bereiche zerstört. Wissenschaftler und GOB raten daher strikt von künstlichen Strandaufschüttungen ab (inzwischen soll diese Praxis auf Mallorca auch eingestellt worden sein). Denn die noch relativ intakten Posidonia-Vorkommen rund um die Balearen-Inseln gehören zu den kostbarsten ökologischen Schätzen des Mittelmeers. Sie sind wichtig für die Strandregeneration und den Fischreichtum. Experten raten daher alternativ zur Aufschüttung in Cala Millor zum Rückbau der Strandpromenade um etwa zwölf Meter. Wo heute noch Touristen flanieren sollen sich künftig wieder Dünensysteme etablieren, ohne die die dynamischen Prozesse eines Sandstrandes gestört sind. Auch für den Schutz der anderen Strände auf Mallorca gibt es längst Konzepte: den Zugang zu Naturstränden erschweren (verbieten kann man ihn in Spanien nicht), auf Reinigung von Posidonia verzichten, bei der Müllentfernung kein schweres Gerät einsetzen und die weitere Bebauung im Meer, also weitere Häfen, verhindern. Doch im Wust unterschiedlicher Kompetenzen der Zentral-, Regional- und Kommunalregierung wird viel geredet und wenig getan. Küstenexperte Onofre Rullán (Generaldirektor für Küste im balearischen Umweltministerium) fordert: „Verlangen Sie nicht, dass die Posidonia vom Strand entfernt wird. Halten Sie die Playa sauber, damit kein schweres Gerät zur Säuberung eingesetzt werden muss. Benutzen Sie die Stadtstrände (Calvià, Playa de Palma etc.), da dort die Natur nicht mehr kaputtgemacht werden kann. Selbst zubetonierte Küstenstriche wie die Playa de Palma oder Cala Millor können nach seinen Worten zumindest teilweise regeneriert werden… Das fordern heute sogar die Urlauber und Residenten, wie wir in Befragungen festgestellt haben.” Golfplatz Torre de Canyamel. (© landusewatch 2008) Kurz vor dem nördlichen Ortseingang Canyamels (canya de mel.:Canya = Rohr; Mel = Honig wegen der Konzession zum Zuckerrohranbau, den Johann II. den Landeigentümern im Gebiet erteilte) liegt der 1988 eröffnete Golfplatz „Torre de Canyamel“ im ehemaligen Zuckerrohranbaugebiet, den José "Pepe" Gancedo in die Ausläufer des Puig Negre unter dem Anspruch gebaut hat, so wenig wie möglich in die Natur Mallorcas einzugreifen. Zwanzig Jahre später ist von dieser Idee wenig übriggeblieben, wie die nachfolgenden Bilder zeigen werden. Die angrenzenden Bergrücken der Serra Mitjana präsentieren sich heute angefressen und teilbebaut. Einige Projekte sind vorerst – aus bislang nicht recherchierten Gründen - in den Kinderschuhen steckengeblieben und präsentieren sich heute als Wunden in der Natur und zerfallende Denkmäler einer verfehlten Baupolitik. Den Anfang der Golfeuphorie machte bereits kurz nach Beginn der touristischen Erschließung Mallorcas der Golfplatz in Son Vida (1964). Heute bietet die Insel mehr als zwanzig Top-Adressen für Golfer. Das zahlungskräftige Klientel kommt hauptsächlich in der einnahmeschwachen Vor– und Nachsaison und trägt damit dazu bei, die saisonale Abhängigkeit vom Sommer-Sonne-Strand-Geschäft zu entschärfen. 2001 haben knapp 80.000 Golfer fast 188 Millionen Euro auf der Insel ausgegeben. Damit sind sie ein ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor. Kein Wunder, daß internationale Investorengruppen, unter anderem deutsche, Schlange stehen, um ein Stück von dem Kuchen abzubekommen. Es gibt viele Projekte und Planungen im unterschiedlichsten Stadium. So soll zum Beispiel ein Golfplatz in der Gemeinde Muro am Naturschutzgebiet Albufera gebaut werden. Im Frühjahr 2008 hat der Gemeinderat das Projekt gegen die Stimmen der Sozialisten beschlossen. Sollte der Inselrat bescheinigen, dass es sich bei dem Bau um ein Projekt von öffentlichem Interesse handelt, steht dem Baubeginn nichts mehr im Wege. Für den GOB ist jeder neue Golfplatz einer zuviel, aber der von Muro stellt eine besondere Provokation dar. Am Rande des Naturschutzgebietes wird er unwiederbringlich ein Biotop zerstören. Und er wird – wie auch die bereits vorhandenen – den Wasserverbrauch einer Achttausendeinwohnerstadt haben (2000 Kubikmeter). Das zur Bewässerung nur Brauchwasser verwendet wird, glaubt auf der Insel kaum jemand, der sich mit dem Problem intensiver beschäftigt hat. Laut Vorschrift müssten die Plätze zwar mit geklärtem Wasser bewässert werden, aber wenn dieses nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht, darf auch auf Brunnenwasser zurückgegriffen werden. Nicht nur der GOB hegt den Verdacht, dass durch dieses Schlupfloch viel Frischwasser fließt, denn auch in bester Qualität sei das geklärte Wasser deutlich schlechter für die Pflanzen. Das Trinkwasser der Insel ist extrem knapp. Es wird dem Grundwasser und den beiden Berg-Stauseen Gorg Blau und Cúber entnommen sowie zunehmend per Entsalzungsanlage gewonnen. Was es bedeutet, wenn diese führ mehrere Tage ausfallen, hat die Insel bereits erlebt. Üblicherweise werden die einzelnen Ressourcen gemischt. Der größte Teil des Wassers wird in den Gemeinden und Ansiedlungen in der Bucht von Palma und in der Landwirtschaft benötigt. Um dem wachsenden Bedarf an Wasser gerecht zu werden, ist der Bau von zwei weiteren großen Entsalzungsanlagen in Andratx und Alcúdia beschlossen worden, die Mallorcas größte Entsalzungsanlage in Palma entlasten. Der balearischen Wasserplan (PHIB) geht für Mallorca von einem jährlichen Konsum von 226 Hektokubikmetern aus. Jeweils 110 davon entfallen auf Haushalte und Landwirtschaft, alleine sechs auf die Bewässerung der Golfplätze. Dieser Nachfrage stehen im Normalfall nur 277 Hektokubikmetern Wasser gegenüber. Wenn die durchschnittliche Niederschlagsmenge ausbleibt, ist der Wasserhahn ein nutzloses Utensil. Zuletzt war das 1999/2000 der Fall. Denn die Rechnung steht und fällt mit dem Regenwasser (220 Hektokubikmeter), das die 21 Grundwasserspeicher der Insel erreicht. Die beiden Stauseen Cúber und Gorg Blau in der Tramuntana (7 Hektokubikmeter), die Entsalzungsanlage in Palma (30) und die Klärwerke (20) steuern lediglich rund 20 Prozent zur Wasserversorgung bei. Einer internen Studie aus dem Jahre 2002 zufolge verbraucht jeder Inselbewohner am Tag durchschnittlich 203 Liter Wasser. Die Kanaren kommen mit 118 Liter pro Kopf und Tag aus. Regelmäßige Aufklärungskampagnen und gesalzene Wasserpreise zahlen sich dort jetzt aus. Urbanització am Golfplatz Torre de Canyamel. (© landusewatch 2008) Angefressener Berg, die Bagger haben ihr Werk getan: Urbanització Torre de Am Eingang zum Golfplatz wird gebaut was die Kräne und Betonmischer Aus anderer Perspektive gleiche Situation ( © landusewatch 2008) Investitionsruine um die sich niemand kümmert. Ein Rückbau wäre angesagt. Ein paar Meter weiter nutzlos gewordene Infrastruktur. ( © landusewatch 2008) Gescheitertes Hotelprojekt am Golfplatz. (© landusewatch 2008) Rund um den Golfplatz entstehen Apartmentanlagen. Einige Projekte – darunter ein Hotelprojekt - scheinen ins Stocken geraten oder untersagt worden zu sein. So genau haben wir bislang nicht recherchiert. Im Frühjahr 2008 präsentierten sich die Hanglagen zwischen dem Cap Vermell und der PM 404 teilweise trostlos: ausgebaute Straßen, die sich nutzlos die Hänge hochwinden, abgerissene Straßenlaternen, erodierende Gehwege und in den Hang gehämmerte Baugruben, die weithin sichtbare Wunden in der Landschaft hinterlassen haben. Um den Eingang zum Golfplatz allerdings standen die Baukräne nicht still. Cala Literes mit Blick auf den Punta de n'Alegre. (© landusewatch 2008) Cala Rajada ist der zweitwichtigste Fischereihafen. Die Rochenbucht (so der übersetzte Name) ist auch Langustenfangebiet (die eher selten geworden sind) und bisher für den eher geruhsamen Urlaub bekannt. Hinter der hochaufragenden Landspitze im Norden der Bucht wurde in den letzen Jahren gebaut, was die Betonmischer hergeben. Von der Cala Aguila bis zur Cala Mesquida sind neue Hotel- und Apartmentanlagen entstanden. Die Landspitze wurde bis zum fast bautechnisch Möglichen bebaut. Wo früher Felsenküste war, gibt es heute eine Promenade, an der sich die Eigentumswohnungen reihen. Cala Mesquida nördlich von Cala Rajada hat sich lange den Begehrlichkeiten Vor wenigen Jahren wurde die Nordseite dann doch zugebaut. Burgberg von Artà. Das Bild kommt dem arabischen Ursprung des Wortes ... die Gewerbegebietsidylle ohne Gewerbe und dokumentiert den bislang wenig erfolgreichen Versuch, die Gemeinde vom Wirtschaftsfaktor Tourismus Puig de Ferrutx im Parc Natural de Llevant. ( © landusewatch 2008) Hinter Cala Literes beginnt der Parc Natural de Llevant. Große Teile davon sind Schutzgebiete nach Europarecht: Zona d'especial protecció per a les Aus (ZEPA) und Lloc d'Interès Comunitari (LIC). Die konservative „Volkspartei“ PP (Partit Popular) wollte in der letzten Legislaturperiode dessen Fläche von 21 507 ha 16 232 ha Land und 5275 ha Meer) um 93,67% reduzieren, um den Weg für eine Bebauung freizumachen. Übrig geblieben wäre nur der unbebaubare Teil der Halbinsel: die Spitze des Cap Ferrutx mit den staatlichen Landgütern. Dieser Plan führte aller Welt vor Augen, wie wenig Kontinuität die Flächennutzungsplanung auf der Insel hat. Finca am Puig de Ferrutx. (© landusewatch 2008) Fincas rund um Artà und Capdepera sind gefragt. Viele Wohlhabende aus dem Südwesten ziehen inzwischen in den ruhigeren Nordosten. Auch Boris Becker hat sich hier in der Gegend eine Finca umbauen lassen. Die 25 Kilometer Küstenlinie um das Massis d’Artà sind weitgehend unbebaut. An der Badia d“Alcúdia liegt die erst 1880 als landwirtschaftliche Kolonie gegründete Còlonia de Sant Pere (heute Touristenort mit Sporthafen) und die Siedlungen Urbanització s'Estanyol und Urbanització Betlem. Auf dem Gemeindegebiet leben knapp siebentausend Einwohner, etwa 13 % davon ohne spanischen Pass. Nebenan in Alcudía sind es im Vergleich 25,5 % (2006). Die Badia d’Alcúdia wurde noch früher als Cala Millor und andere Buchten der Südostküste massentouristisches Sehnsuchtsziel. 2003 hatte die Gemeinde Der Sporthafen von Colònia de Sant Pere am südlichen Ende der Badia Wie lange noch wird man den Südrand der Badia d'Alcúdia den Begehrlichkeiten Die Platja de sa Canova nordwestlich der Colònia de Sant Pere liegt in der Torrent de na Borges am Nordrand des Area Natural sa Canova. (© landusewatch 2008) Hinter der Platja de sa Canova befindet sich das Naturschutzgebiet Area Natural sa Canova (Àrea natural d'especial interès). Der Teich es Bisbe (s'Estany des Bisbe) an der Mündung des Torrent de na Borges ist ein Feuchtgebiet mit Schilf und Tamarinden, das verschiedene Vogelarten beheimatet. Das Naturschutzgebiet ist gefährdet. Wie gefährdet es tatsächlich ist haben die Pläne der PP aus der letzten Legislaturperiode gezeigt. Aber auch unabhängig von der Flächennutzungsplanung drohen dem Gebiet alltägliche Gefahren. Allein eine frei laufende Katze erbeutet pro Jahr etwa 100 Tiere aller Größenordnungen. Darunter leider auch vom Aussterben bedrohte Arten. Hinzu kommen die vielen Hunde, deren Besitzer das Gassigehen am Strand trotz Verbots ungerührt weiterbetreiben. Und die gehen auf alles los, was da stelzt und flattert. Can Picafort in der Mitte der Badia d’Alcúdia. (© Wikepedista Li-sung) Blick von Colònia de Sant Pere auf Son Serra de Marina, Can Picafort und Vor den Touristenorten Can Picafort und Port d'Alcudía gibt es noch Apartmentbau im Nordwesten von Alcudía mit Blick auf die Serra de Unten im Tal an der Badia de Pollença liegt das Reserva Natural s’Albufereta, Nordwestlich von Alcúdia liegt eine Ebene, die aus Schwemmmaterial des Meeres besteht. Das s'Albufereta de Pollença ist noch heute ein Feuchtgebiet. Das als „kleines Albufera“ bezeichnete 211,42 Hektar große Sumpfgebiet ist seit 2002 Naturreservat (Reserva natural especial de s'Albufereta) und bietet an seinen vielen kleinen Kanälen, die durch es Grau mit dem Meer verbunden sind, vielen Vogelarten Brutgelegenheiten. Der größte Teil des Reservates ist in Privatbesitz. Das Flachland wird als landwirtschaftliche Anbaufläche genutzt. Noch heute spielt die Landwirtschaft im Pla (hier nördlich sa Pobla) eine weithin Die Mallorquiner waren spätestens seit den Zeiten der maurischen Besetzung (die ihnen die Bewässerungstechnik brachten) ein Bauernvolk, das mit dem Rücken zum Meer lebte. Heute verdienen die Nachkommen mehr Geld mit weniger Mühe und geringerem Existenzrisiko im Tourismus. Der Bauernstand ist daher heute in der Krise und überaltert (1535 der lediglich 6253 Beschäftigten sind bereits älter als 55, im Jahr 2000 war kein einziger in dem Sektor jünger als 20), der ländliche Raum in einer Strukturkrise. Immer mehr Fincas werden an Ausländer verkauft, die Mandelernte lohnt sich kaum noch. Was jedoch wäre die Insel ohne die Mandelblüte, die jährlich im Frühjahr viele Touristen auf die Insel lockt? Im Huerta de Sóller (dem Garten von Sóller) bleiben immer öfter die Orangen am Baum oder verfaulen auf der Erde Einer einmaligen Kulturlandschaft droht der Verfall, auch weil inzwischen viele Bäume überaltert sind. Die Orangen sind zwar fruchtiger als die eingeführten vom Festland, aber es fehlen die bezahlbaren Arbeitskräfte und auf den schmalen Terrassen ist eine mechanisierte Ernte nicht möglich. Noch wird jedoch kaum Land verkauft, um im Immobilien- und Landspekulationsbasar der Insel zu landen. Zu stark ist hier noch die Bindung zur Kulturlandschaft. Viele Familien wohnen schon seit Generationen hier. In anderen Regionen sind die Anbauflächen jedoch zurückgegangen. Joan Más vom Kleinbauernverband Unió de Pagesos (UP) warnte daher schon vor Jahren, daß die Landwirtschaft in Gefahr sei. Von dem Wohlstand aus dem Tourismus habe die Bauernschaft kaum profitiert, wenige Hotels bringen heimische Produkte auf den Tisch. Heute steuert die Agrikultur nur noch 1,5 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Dennoch: auch heute sind der Konsum von ,,authentischen” Produkten der Insel, die harte Arbeit auf dem Acker und die Schönheit der gepflegten Kulturlandschaft für viele Mallorquiner wichtige Bausteine für ihre Identität, wie der Anthropologe Alejandro Miquel Novajra von der Universität der Balearen (UIB) in Palma in vielen Interviews für seine Studie ,,El campo en la cabeza” (Das Land im Kopf) herausfand. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer am Horizont. Es gibt durchaus rentable Kulturen: Sa Pobla exportiert erfolgreich Kartoffeln nach England, rund um Binissalem werden hochwertige Weine erzeugt, die Werbung unter ,,Producte Balear" (in den Supermärkten der Inseln besonders gekennzeichnet) ist ein Fortschritt. Für Mandeln soll ein eigenes Markenzeichen geben. Auch der Gemüseanbau auf den Fincas rund um Manacor lohnt sich. Hier ruht die Ernte und auch die Arbeit rund ums Jahr allerdings auf den Schultern meist marokkanischer Einwanderer. Das Fehlen von bezahlbaren Arbeitskräften ist das größte Problem für Mallorcas Landwirte. Denn auf dem Bau verdient ein ,,Peón" erheblich mehr und im Tourismus ist die Plackerei meist weniger aufreibend. Wo mechanisiert werden kann, wie bei der Weinlese oder der Kartoffelernte, übernehmen Maschinen. Agrarparzellen um Santa Margalida südlich von Sa Pobla. Gemüseanbau ist Sa Pobla sorgt vor, daß die Bewohner des neuen Baugebiets über die Straße Während sich die Kulturlandschaft im Inselinneren in der Krise befindet, dringt die Land- und Immobilienspekulation in Gegenden vor, denen sie bislang kaum Beachtung schenkte. Vor allem Calvià, Marratxí, Manacor und Campos sind plötzlich für Immobilienunternehmer interessant – allesamt Orte, die durch den verstärkten Straßenbau der vergangenen Jahre näher an Palma herangerückt sind. Zu viel Flächenverbrauch und zu hohe Kosten angesichts der kurzen Distanzen auf der Insel meinten Kritiker des Autobahnbaus. Gebaut wurde dennoch. Folge im Immobiliensektor am Beispiel Sa Pobla, wo derzeit (Planungen bis Port d’Alcudia liegen in der Schublade) die Autobahn Richtung Norden endet: hier hat sich die Zahl der Baugenehmigungen innerhalb von drei Jahren verdreifacht. Seit die Nordroute ausgebaut ist, sind es von Sa Pobla nur noch 25 Minuten bis nach Palma. „Dort, wo die neuen Straßen vorbeiführen, gibt es einen Immobilienboom…Das Verkehrsmodell auf Mallorca ist völlig verfehlt, weil es dem Autoverkehr klar die Priorität gibt” (Miquel Ángel March vom Umweltverband GOB - Grup Balear d'Ornitologia i Defensa de la Naturaleza im Mallorca-Magazin).” Die neue Autobahn fügt dem Blick auf die Serra de Tramuntana ein landschaftsgraphisches Element hinzu, das nicht jeden begeistert. March kritisiert daher den „Wahn, immer schneller von einem Ort zum anderen kommen zu wollen” und fordert ein Umdenken der Politik: „Der öffentliche Nahverkehr muss endlich gefördert werden.” Nur so sei der totale Verkehrskollaps zu vermeiden. Die Eisenbahn der staatlichen Bahngesellschaft SFM (Serveis Ferroviaris de Mallorca) erlebt zwar eine Renaissance, dies aber in kleinen Schritten nur. „Wir wollen ans Meer”, fasst Santos von der SFM die Erweiterungspläne Richtung Alcúdia und Cala Rajada zusammen. Allerdings landete das Geld für den Nahverkehr landete lange im Straßenbau. Die derzeitige Regierung muß erst noch beweisen, daß sie diese Pläne ebenso tatkräftig unterstützt wie die Vorgängerregierung die Convenio de Carreteras (Straßenausbauplan) konsequent umgesetzt hat Auf den Balearen ist der üppigste Fuhrpark Europas zu Hause. Statistisch gesehen hat hier fast jeder Bürger ein Auto – zwei Monate alte Säuglinge und hundertjährige Blinde eingeschlossen. Hinzu kommen rund siebzigtausend Mietwagen. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Politik und die Landschaft. Nicht jeder ist von der neuen Mobilität begeistert. Der GOB ohnehin nicht, aber auch Neubürger wie Peter Maffay haben zum Autobauwahn eine klare Meinung: „Die Autobahn ist ein Synonym für eine völlig entgleiste Vision einiger weniger auf Mallorca. Zu Lasten der Umwelt und zu Lasten der Gesamtbevölkerung. Es gibt ein paar Gewinner in diesem Prozess und viele Verlierer.” (Mallorca Magazin 2/2006). Nach dieser Äußerung entbrannte ein erbitterter Streit darüber, ob Herr Maffey und andere nicht auf der Insel geborene überhaupt das Recht zur Einmischung in die Bau- und Landpolitik der Inseln haben – eine Debatte, die angesichts des oft beschworenen „gemeinsamen Hauses Europa“ und der Internationalität Mallorcas bizarr anmutet. Mehr noch als vom Recht spricht Kate Mentink (Ehrenvorsitzende der ausländischen EU-Bürger-Vereinigung Ciudadanos Europeos) von der Pflicht der Bürger, sich einzubringen. „Jeder hier gemeldete, ausländische Resident ist nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, sich für seine neue Umgebung zu interessieren”. Unabhängig vom Recht auf Mitwirkung gelte das Recht der freien Meinungsäußerung für jedermann, sagt Mentink, die derzeit Tourismus-Dezernentin in Calvià ist. „Jeder Tourist, der auf die Insel kommt, hat das Recht, seine Meinung zu äußern. Und uns ist es sehr wichtig, diese Meinungen zu kennen, weil wir vom Tourismus leben” Hier kommt der Tourist fast ausschließlich in der Form des Radlers oder Trotz der zunehmenden straßenbaumäßigen Erschließung der bisher nur schwer zugänglichen Bereiche der Insel jenseits der Küsten gibt es noch Regionen, die von der „Invasion“ sonnenhungriger Nordländer bis heute kaum beeinflusst sind. „Es gibt zwei Mallorcas”, sagt der Publizist und ehemalige Politiker Josep Moll, der viele Jahre in Deutschland gelebt hat und daher kaum als „Quadratschädelfresser“ (bei manchen Mallorquinern sind die Deutschen als „Quadratschädel“ ziemlich unbeliebt) durchgeht dem Mallorca-Magazin,. „Die Gemeinden an der Küste sind immer weniger mallorquinisch, im Inneren der Insel entwickeln sich dagegen immer stärkere bewahrende Kräfte.” Dass man auf Mallorca weit mehr unternehmen kann, als sich an der Partymeile an der Playa de Palma und in den anderen Touristenzentren wie Magaluf oder Peguera die Kante zu geben, hat sich längst auch ohne massive Werbung herumgesprochen. Dies vor allem bei jenen, die in ihrer Freizeit das Naturerlebnis dem Discofieber vorziehen. Seit über zehn Jahren erlebt die Insel während der kühleren Jahreshälfte – in der die Insel noch vor mehr als zehn Jahren touristisch gesehen nicht wesentlich lebendiger als der Zentralfriedhof in Chicago war - einen regelrechten Ansturm von Langzeiturlaubern, (Renn-)Radlern, Wanderern oder neudeutsch Trekkingurlaubern. Wie viele Wanderwege es auf Mallorca gibt, kann niemand wirklich sagen. Etwa dreihundert Wegkilometer sind inzwischen von den Forstbrigaden des mallorquinischen Inselrats ausgeschildert. Lächerlich wenig angesichts der Potentiale. Es ist nicht nur die schwerfällige Bürokratie auf den verschiedensten Ebenen, die es verhindert, Mallorcas Potentiale für den sanften und gegenüber dem Sonne-Bier-Strand-Tourismus ertragreicheren Wandertourismus zu erschließen. Die Flächen der Insel sind zu achtzig Prozent im Privatbesitz. Während es in Deutschland unproblematisch ist, durch Privatwald zu wandern, bedeutet Privatbesitz auf Mallorca, daß hier ohne explizite generelle oder Einzelfallgenehmigung des Eigentümers im wahrsten Sinne des Wortes nichts läuft. Viele Grundstückseigentümer sehen es nämlich gar nicht gerne, wenn Querfeldein geradelt oder gewandert wird. Die Landbesitzverhätnisse auf der Insel gehen zum Teil noch auf Jaume I zurück, der 1229 die Insel „für das Christentum“ in der Reconquista „zurückgewann“. Dies bedeutete im Klartext, daß er damals die gesamte Insel für sich in Besitz nahm. Er verteilte, was er nicht für sich behielt, das 300 Jahre von den Mauren bewirtschaftete Land zwischen seinen Getreuen und der Kirche. Viele der heute bedeutenden Landbesitzer und damit Mächtigen der Inseloligarchie datieren auf diese umfassende Enteignung der Mauren, die keine Rücksicht auf vor den Mauren bestehende Landrechte der Inselbewohner nahm, zurück. Heute kommt hinzu, das Schwerreiche vor allem aus dem Norden Europas wie der Milliardär Brandson, der den Grundstein seines Vermögens mit dem Verkauf des Plattenlabels „Virgin“ gelegt hat, große Gebiete der Insel aufgekauft haben. So gehört Brandson die Gegend um Banyalbufar. Exterritoriales Gebiet für Inselbewohner und Touristen. Auch Claudia Schiffer und anderen prominenten Deutschen gehört ein Teil der Insel. Diese Entwicklung ist nicht nur ein Hemmnis für den Wandertourismus. Auch viele Baudenkmäler sind auf diese Weise dem öffentlichen Zugang und damit dem Kulturtourismus entzogen worden. Es gibt keine andere Gegend in Europa, wo Landschaft und touristisch interesannte und auch identitätsbildende Kulturdenkmäler so umfangreich dem öffentlichen Zugang entzogen werden. Und es gibt keine Gegend in Europa, wo fast jeder Landbesitzer – nicht nur die Schönen und Reichen - martialisch darauf hinweist, daß hier gejagt wird – was selten der Fall ist, da die Ausbeute bestenfalls in einem Paar Langohren oder Kanikel bestehen könnte, da die Jagdgründe seit über hundert Jahren durch die hochwohlgeborene Ballerei frei von Wild sind. Verstanden werden soll das allgegenwärtige Schild eher als „Vorsicht Schusswaffengebrauch.Scher dich vom Feld, denn es gehört mir“. Das Beispiel Großbritannien zeigt, wie man eine in einer zivilisierten Gesellschaft als unanständig empfundene Privatisierung der Landschaft in den Griff bekommen kann. Viele Grundstückseigentümer sehen es nämlich gar nicht gerne, wenn Querfeldein über ihre Schafsweiden geradelt wird. Mitunter wird sogar Wegezoll verlangt. Daher ist es kaum erstaunlich, daß lediglich 300 Wegkilometer sind inzwischen von den Forstbrigaden des mallorquinischen Inselrats ausgeschildert. Dabei wird der Trend zum Ökotourismus auch in Naturschutzkreisen kritisch betrachtet: „Wenn jeder plötzlich auf eigene Faust ins Hinterland aufbricht, kann das erhebliche Probleme mit sich bringen, in großen Konzentrationen wie an der Playa der Palma kann der Touristenstrom wenigstens in geordnete Bahnen gelenkt werden.“ (Gerald Hau, GOB) Das Marsch- und Sumpfland war noch im letzten Jahrhundert malariaverseucht – bis es die Engländer trockenlegten. Auf den übriggebliebenen wasserreichen Flächen zwischen Can Picafort und Port d’Alcúdia landeinwärts der gut ausgebauten und mit einer Radspur versehenen Landstraße C 712. liegt das Naturschutzgebiet „Parc Natural s’Albufera“, der umweltpädagogisch gesehen recht gut ausgestattet ist und ein Informationszentrum enthält. Mehr Grün und weniger Zement ("+ verd - ciment") fordert dieser Sprayer auf einem Schild der Balearenregierung, das stolz die Asphaltierung vieler Feldwege verkündet, die von der PP-Regierung in der letzten Legislaturperiode inselumfassend betrieben wurde und den letzten Flecken leicht zugänglich macht,was viele Insulaner und Hinzugezogene nicht gerade begeistert, weil es die Beschulichkei und Ruhe im Inselinneren unterläuft. Das Bauprogramm der bis in die vorletzten Legislaturperiode sechzehn Jahre regierenden konservativen Partido Popular in der letzten Legislaturperiode hat hunderte Millionen EURO gekostet und die Insel verändert. Die Autobahn Palma-Inca wurde bis zum Gewerbegebiet Alcampo mit einer dritten Fahrspur in jede Richtung verbreitert, die Flughafen-Autobahn verlängerte sich bis nach Llucmajor. Alleine die Strecke Inca - Sa Pobla kostete 50 Millionen Euro. Die 2007 gewählte Linksregierung wird nicht ewig regieren: im Umland der „Still und heimlich“ haben mehrere große mallorquinische Bauunternehmen riesige Flächen Suelo Rustico (landwirtschaftliche Nutzfläche) rund um das gesamte Einzugsgebiet von Palma gekauft, meldete der Mallorca Anzeiger „El Aviso“ im März 2008. Sie warten auf die nächste Bodenreform und hoffen auf riesige Gewinne – den Bauland wird auf Mallorca zunehmend knapp. Größere Flächen für den Bau von Wohnanlagen gibt es nicht mehr zu kaufen. Sie halten es für eine Frage der Zeit bis die Felder rund um Palma zu Bauland umgewidmet werden. Sollte die Rechnung aufgehen, stiege der Grundstückswert über Nacht um das Zwanzigfache. Die aktuelle linksnationale Regierung unter Francesc Antich (der in der vorletzten Legislaturperiode bereits das im Auftritt chaotisch wirkende Fortschrittsbündnis anführte) hat im Wahlkampf zwar erklärt, daß in seiner Amtszeit „nicht ein Quadratmeter Suelo Rustico zu Bauland wird“, aber seine Partei stellt Palmas Bürgermeisterin, die seit einem Jahr kein Grundstück für die im Wahlkampf ebenfalls versprochenen – und angesichts drastisch gestiegener Mieten auch dringend erforderlichen - Sozialwohnungen findet. Wie beim Kauf sind auch die Preise bei den Mieten stark gestiegen. „In den vergangenen Jahren haben sie sich verfünffacht”, sagt der Präsident des balearischen Berufsverbands der Immobilienunternehmer (API), Josep Oliver. Unter 600 Euro sei kaum noch etwas zu bekommen, eine bessere Dreizimmerwohnung koste durchschnittlich 900 Euro. Er schätzt die Zahl der leer stehenden Wohnungen in Palma auf über 40.000. Auch ab dem südwestlichen Stadtrand Palmas - dem Vorort Cala Major – bis Portals Im Südwesten zwischen Palma und Andratx, wo immer noch rund die Hälfte aller Mallorca-Immobilien verkauft wird – für Deutsche dürfte der Anteil noch höher liegen – haben sich nach Angaben von Fachleuten die Preise in den vergangenen drei Jahren fast verdoppelt. „Ein repräsentatives Beispiel für den hohen Landschaftsverbrauch durch den Residentialtourismus ist die Gemeinde Calvià im Südwesten der Insel Hier lassen sich mit dem Golf- und dem Nautischen Tourismus zwei weitere Formen des Qualitätstourismus identifizieren. Der gravierende Landschaftswandel nahm etwa 1990 mit der Anlage des ersten Golfplatzes und dem Ausbau von Zweitwohnsitzen seinen Anfang. Bis 2004 entstanden in der Gemeinde Calvià fünf der insgesamt 18 Golfplätze Mallorcas und über 20.000 Zweitwohnsitze. Der Landschaftsverbrauch macht sich bemerkbar im Verlust von typischen Elementen und Biotopen des klassischen mallorquinischen Landschaftsbildes, z.B. von Kiefernwäldern, Garrigue (Strauchheiden), Macchie (Gebüschformationen) und traditionellen landwirtschaftlichen Nutzflächen (z.B. Oliven- und Mandelhaine) sowie von natürlichen Steilküsten. An ihre Stelle sind bebaute Flächen und urbane Freiflächen getreten.“ (Prof. Dr. Thomas Schmitt, Geographisches Institut, Landschaftsökologie und Biogeographie Uni Dortmund : „Ballermann war besser“, Geowissenschaften Rubin 2007). Hier baut die Bendinat-Gruppe direkt an Mallorcas exklusivstem Golfplatz Die Insel ist für Investoren, Projektentwickler, Landspekulanten und ähnlichen Goldgräbern ein Schatzkästlein. Landschaft, Kultur, Lage, politisch stabile Verhältnisse machen sie attraktiv für Leute, die damit Geld verdienen wollen. Neben ausländischen Investoren aus Deutschland (wie Kühn und Partner, Völker und Engels), arabischen Investoren gibt es eine Reihe von mallorquinischen Investorengruppen, darunter die Bendinat-Gruppe. Die letzten Lücken in der ersten Reihe werden gefüllt: Blick von Santa Ponça Peguera ist vor allem bei deutschen Touristen beliebt. Es ist einer von Mallorcas lebhaftesten Ferienorten, wie es im Reiseführerdeutsch so prägnant formuliert wird. Fast ein viertel der Touristen verteilen sich auf den überschaubaren Südwesten Mallorcas. In der Nachbargemeinde Andratx blühten in den letzten Jahren in den Ortsteilen Sant Elm, Camp der Mar und Port d’Andratx die Baukräne. Andratx ist in wenigen Jahren zur siebtgrößten Gemeinde auf Mallorca angewachsen. Der Ortsteil Port d’Andratx - einst ein reiner Fischereihafen und in Reiseführern hochgelobt als einer der schönsten Häfen im Mittelmeer - ist eine Großbaustelle. Im Dorf seien praktisch alle Flächen belegt, räumen selbst Bauunternehmer ein. Immer weiter gehen sie an die Steilhänge. Viele Vorhaben waren illegal. Ex-Bürgermeister Eugenio Hidalgo von der Volkspartei (Partit Popular) machte sich die autonomía local zunutze. Sie überlässt die Bauplanung der Gemeinde. Übergeordnete Behörden dürfen nur einschreiten, wenn es sich um klaren Rechtsbruch oder um eine überregionale Angelegenheit handelt. »Es ist ein offenes Geheimnis, dass oft Schmiergelder flossen, um Baugenehmigungen zu erwirken«, sagt Hau (DIE ZEIT, 08.02.2007). Ausgangspunkt der Ermittlungen war vor mehr als einem halben Jahr eine Anzeige des Inselrats wegen des vermeintlich illegalen Baus von 20 Mehrfamilienhäusern in dem Stadtteil Montport oberhalb von Port d’Andratx. Auch die Umweltschützer vom GOB kritisierten jahrelang die Baupolitik des Bürgermeisters. Vierzig Klagen reichte der Verein ein. Im Zuge der »Operation Voramar« – benannt nach dem beliebten Strand – wird gegen Beamte, Inhaber von Baufirmen, Bauträger, Architekten und Grundstückseigentümer ermittelt. »In seiner Vierfachfunktion als Bürgermeister, Baustadtrat, Bauunternehmer und Bauträger war er nicht mehr zu stoppen«, sagte Hau der Zeit. Die Polizei hat Gegenstände im Wert von angeblich sieben Millionen Euro sichergestellt. Ob dieses Geld tatsächlich aus illegalen Geschäften stammt, muss die Staatsanwaltschaft nun klären. Im Mai 2008 wurde der Bürgermeister im ersten von 70 Verfahren zu vier Jahren Haft verurteilt – weit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Jaume Massot, verantwortlich für Bauordnungsfragen, wurde zu drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Andratx ist - nicht zuletzt wegen der illegalen Genehmigungspraxis - in wenigen Jahren zur siebtgrößten Gemeinde auf Mallorca angewachsen. Der Ortsteil Port d’Andratx - einst ein reiner Fischereihafen und hochgelobt als einer der schönsten Häfen im Mittelmeer - ist eine Großbaustelle. Im Dorf seien praktisch alle Flächen belegt, räumen selbst Bauunternehmer ein. Immer weiter gehen sie an die Steilhänge. Viele Vorhaben waren illegal. Ex-Bürgermeister Eugenio Hidalgo von der Volkspartei (Partit Popular) machte sich die autonomía local zunutze. Sie überlässt die Bauplanung der Gemeinde. Übergeordnete Behörden dürfen nur einschreiten, wenn es sich um klaren Rechtsbruch oder um eine überregionale Angelegenheit handelt. »Es ist ein offenes Geheimnis, dass oft Schmiergelder flossen, um Baugenehmigungen zu erwirken«, sagt Hau (DIE ZEIT, 08.02.2007 Nr. 07). Ausgangspunkt der Ermittlungen war vor mehr als einem halben Jahr eine Anzeige des Inselrats wegen des vermeintlich illegalen Baus von 20 Mehrfamilienhäusern in dem Stadtteil Montport oberhalb von Port d’Andratx. Auch die Umweltschützer vom GOB kritisierten jahrelang die Baupolitik des Bürgermeisters. Vierzig Klagen reichte der Verein ein. Im Zuge der »Operation Voramar« – benannt nach dem beliebten Strand – wird gegen Beamte, Inhaber von Baufirmen, Bauträger, Architekten und Grundstückseigentümer ermittelt. »In seiner Vierfachfunktion als Bürgermeister, Baustadtrat, Bauunternehmer und Bauträger war er nicht mehr zu stoppen«, sagte Hau der Zeit. Die Polizei hat Gegenstände im Wert von angeblich sieben Millionen Euro sichergestellt. Ob dieses Geld tatsächlich aus illegalen Geschäften stammt, muss die Staatsanwaltschaft nun klären. Nunmehr wurde der Bürgermeister zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Autor bei der Feldrecherche. (© landusewatch 2008) Weitere Informationen: | ||||||||||||||||||||||